JazzohneGleichen 2023 – Ein Festival für die Jugend
JazzohneGleichen 2023 ist nun schon wieder Geschichte. Mit großer Freude können wir Veranstalter auf unser Jazzfestival zurückblicken.
Vor allem anderen dürfen wir uns glücklich schätzen, dass wir erstmals so viele und Helfer*innen am Start hatten, die allesamt mit großem Elan, Ausdauer und Können dabei waren. Nur so konnten wir JazzohneGleichen erfolgreich über die Bühne bringen. Deshalb geht unser großer Dank an dieses wunderbare Helfer*innen-Team!
Mit Fug und Recht können wir sagen, dass das diesjährige Jazzfestival ein Festival der Jugend war. Mit der Masterclass für die Jugendbigband „Jazztified“ wurden rund 20 jugendliche Jazzer*innen drei Tage lang von einem ganz Großen des weltweiten Jazz, „Mr. Redhorn“ Nils Landgren begleitet und unterrichtet. Einige andere hochkarätige Jazzer begleiteten Nils Landgren in dieser Aufgabe an drei intensiven musikalischen Tagen. Am Ende gingen sie alle gemeinsam auf die Bühne der Kulturscheune und legten ein unvergessliches Konzert hin. Die jungen Jazzer*innen wuchsen förmlich über sich hinaus und am Ende konnten sich alle über die strahlenden und stolzen jungen Gesichter freuen.
Aber auch der Workshop für die Kindergarten- und Grundschulkinder war gut besucht. Die beiden Workshopleiter Martin Tschoepe und Ditmar Wiederhold führten die Kleinen spielerisch an den Jazz heran. Wir Veranstalter sind der Überzeugung, dass gerade die kleinen Kinder offene und neugierige Ohren für diese Musik mitbringen, weshalb die Begegnung mit dem Jazz früh stattfinden sollte. Wir werden diesen Weg konsequent fortsetzen.
Im Trommelworkshop, der in diesem Jahr gleich von vier Perkussions-Leiter*innen angeleitet wurde, wurde unser Projekt „Musik macht stark“ integriert. Vier Jungen aus einer stationären Jugendhilfeeinrichtung der Jugendhilfe Obernjesa wurden eingeladen, Erfahrungen mit dem Trommeln zu machen. Sie waren gemeinsam mit den anderen Workshopteilnehmer*innen intensiv in den Rhythmus-Lernprozess eingebunden und hatten sichtlich Freude daran. Am Ende wurden den Jugendlichen, unterstützt von Geldern der Brocken-Challege, für ihre Einrichtung fünf Djembe-Trommeln überreicht, die sie dann im Anschluss an den Workshop zusammen mit anderen Workshopteilnehmer*innen und den Leiter*innen auf unserer neu geschaffenen Musik-Insel auf dem Thieplatz musikalisch präsentierten.
Im instrumental offenen Workshop war ebenfalls eine Reihe von jungen Jugendlichen neben „älteren Semestern“ gemeinsam am Start. Hier war es die Kunst der Workshopleitung diese Altersspanne und die unterschiedlichen musikalischen Erfahrungen unter einen Hut zu bringen. Das scheint den Rückmeldungen folgend sehr gelungen zu sein.
Es gibt so viele wunderbare Geschichten und Ereignisse dieses 7. JazzohneGleichen zu berichten und zu würdigen, dass es unmöglich scheint, dies alles in einem Bericht unterzubringen.
Wir freuen uns, dass wir den Mut hatten, erstmals das Festival mit einem Konzert in Göttingen zu starten. In der beeindruckenden Pauluskirche mit ihrer exzellenten Akustik traten am Freitagabend mit Benny Brown und Nils Landgren zwei außergewöhnliche Größen des Jazz in einem „Dialog zur späten Stunde“ auf. Vor beinahe 400 Zuschauer*innen in der ausverkauften Kirche zelebrierten diese Ausnahmekönner ein Konzert der Extraklasse, das am Ende mit stehenden Ovationen bedacht wurde.
Am Samstag stand neben dem oben erwähnten Highlight des Masterclass-Konzertes und der Workshops auch noch ein Symposium und die abendliche Session auf dem Programm.
Im Symposium wurde von verschiedenen Vertreter*innen aus Kulturorganisationen, aus der Politik und den Medien über die Frage des „Sollens und Seins der Förderung der Kultur im ländlichen Raum am Beispiel des Jazz“ diskutiert. Unter der Moderation von NDR-Playjazz-Moderatorin Mauretta Heinzelmann kam es zu einem intensiven und teils kontroversen Austausch zu diesem Thema, zu dem im zweiten Teil auch die Besucher*innen einbezogen wurden. Im Ergebnis blieb es bei sehr unterschiedlichen Einschätzungen hinsichtlich der Wahrnehmung und Wertschätzung der Bedeutung und Förderung der Kultur im ländlichen Raum. Einig war man sich, dass dieser Dialog zu diesem Thema fortgeführt werden muss.
Am Ende eines eindrücklichen Samstags gingen dann spät bei der Jazzsession viele Musiker*innen des diesjährigen Festivals gemeinsam mit musikalischen Gästen auf die Bühne. Nun wurde der Jazz bis nach Mitternacht auf der Bühne und in der ganzen Kulturscheune gefeiert. Bis zum letzten Moment blieb Nils Landgren an der Posaune und verabschiedete sich mit einer feinen Interpretation von „Der Mond ist aufgegangen“ in die Nacht.
Am Jazzfamilien-Sonntag waren bereits am Vormittag viele Besucher*innen am Start. Mit einem schwungvollen Chorkonzert begrüßte der legendäre KAZ-Chor unsere Gäste in der St. Marienkirche. Gleich im Anschluss trat das akustische Trio „TriTop“ um Gitarrist David Nolte zum ersten Konzert am Sonntag an. Dieses feinfühlige Trio hatte sich eigens für unser Festival gegründet und zelebrierte einen feinsinnigen und sensiblen Jazz, der beim Publikum großen Anklang fand.
Danach folgte der Wechsel in die Kulturscheune mit dem Projektensemble „Robin“ um die herausragende Saxofonistin Nicole Johänntgen (Zürich). Diese Ausnahme-Künstlerin am Saxofon zu erleben ist immer wieder ein Wunder. Nils Landgren bezeichnet Johänntgen nicht umsonst als „umweltfreundliches Kernkraftwerk“. Getragen wurde dieser afro-kubanische Jazz von einem großartigen Ensemble. Hier bebte erstmals an diesem Sonntag die Kulturscheune.
Dann kamen ein stilistischer Wechsel und ein hoch konzentriertes Jazz-Duo mit dem jungen Ilja Ruf, eigens aus Boston von seinem Stipendiat an der berühmten Berklee-Musikhochschule eingeflogen, und dem Hamburger Trompeter Benny Brown. Sie spielten erstmals zusammen, was man angesichts dieses hoch sensiblen und intensiven Jazz-Dialogs kaum zu glauben vermochte. Es war Jazz der Extra-Klasse, atemberaubend. Hervorgehoben wurde dieses Konzert durch die spontan entstandene Idee, dass der Hamburger Cartoonist und Zeichner Tom Stellmacher dieses Duo auf der Bühne malend begleitete. So entstand eine wunderbare Zeichnung zu JazzohneGleichen, die nach ihrer Rahmung einen würdigenden Platz in der Kulturscheune erhalten soll.
Zum Schluss stand dann der krönende Abschluss ins Haus. Verschiedene Protagonist*innen dieses Festivals gingen, angeführt von Nils Landgren als ein Sextett, das so noch nie zusammengespielt hat, als Festival-Ensemble auf die Bühne. Auch das gehört inzwischen zum Charakteristikum unseres Festivals, dass wir immer wieder Musiker*innen zusammenbringen, die zuvor noch nie, zumindest nicht in dieser Zusammensetzung, auf der Bühne standen. Nils Landgren, Benny Brown, Ilja Ruf, Nicole Johänntgen, Sonja Bossart und der Gleichener Schlagzeuger Sven von Samson gaben mit einem unvergesslichen Konzert dem diesjährigen Festival einen würdigen Abschluss.
Auch der Rahmen am Sonntag muss erwähnt werden. Bei wunderbarem Wetter fanden sich viele Menschen auf dem Schlossgelände zusammen und es kam zu unzähligen Begegnungen, auch hautnah mit den Jazzgrößen. Man konnte plaudern, zusammensitzen, die Konzerte auf der Bühne mit einer Außenübertragung auf der Leinwand verfolgen und sich vom Catering-Stand verwöhnen lassen. Viele Kinder und Erwachsene nutzen für sich die Spielangebote des Spielmobils auf der Wiese vor dem Schloss. Es herrschte rundum eine fröhliche und entspannte Atmosphäre, wie sie eben der Jazz zu erzeugen vermag. Nach so einem wunderbaren Jazzfest ist die Vorfreude auf das kommende JazzohneGleichen groß.
Nach dem Festival ist vor dem Festival!
Danken möchten wir an dieser Stelle nochmals ausdrücklich den vielen Organisationen, Stiftungen und anderen Institutionen, sowie privaten Spender*innen, ohne die eine Realisierung unseres Festivals nicht denkbar gewesen wäre.
Matthias Heintz, 25.09.2023